Isolierte hypertherme Extremitätenperfusion (ILP) bei bösartigen Tumoren

Zu spät erkannt, können (bösartige) Tumore in Armen und Beinen so groß werden, dass in vielen Fällen bisher eine Amputation der entsprechenden Gliedmaßen das einzige Mittel der Wahl war. Eine vollständige operative Entfernung des Tumors ohne Amputation konnte auf anderem Wege oftmals nicht sichergestellt werden.

Durch die Isolierte hypertherme Extremitätenperfusion (ILP) können mittlerweile jedoch in bestimmten Fällen die Extremitäten erhalten werden. In unserer Klinik wenden wir sie vor allem bei primär nicht resektablen (chirurgisch nicht entfernbaren) Weichteilsarkomen oder Melanomen der Extremitäten an. Ziel dieses Verfahrens ist es, durch eine Verkleinerung der Tumormasse die Resektion des Tumors in einem zweiten Eingriff zu ermöglichen und damit eine Amputation zu umgehen.

Bei folgenden Voraussetzungen kann die ILP zur Anwendung kommen:

  • lokal weit fortgeschrittenes Tumorleiden, das eine Entfernung des Tumors mit ausreichend Sicherheitsabstand im umliegenden Gewebe nicht ermöglicht.
  • Ein operatives Entfernen des Tumors kann den Erhalt wichtiger Gewebe-Strukturen der Extremität nicht gewährleisten.
  • Der Tumor ist nach bereits erfolgter chirurgischer Resektion an der gleichen Stelle wieder aufgetreten (Rezidivtumor).
  • Eine primär chirurgische Entfernung des Tumors war nicht möglich.

Während der ILP wird der betroffen Arm/das betroffene Bein zeitweise vom Blutkreislauf des Körpers abgetrennt. Eine Herz-Lungen-Maschine übernimmt die Versorgung der Extremitäten mit Blut und dem darin enthaltenen Sauerstoff. Dadurch wird ein Blutaustausch zwischen Extremität und restlichem Körper verhindert. Dies überwachen wir engmaschig durch ein Leckagemonitoring.

Anschließend werden hoch dosierte Zytostatika über die Blutgefäße durch den betroffenen Arm/das betroffene Bein gespült. In unserer Klinik arbeiten wir hierbei vor allem mit dem Melphalan, einem hochwirksamen Chemotherapeutikum. In Abhängigkeit der Tumorerkrankung wird zusätzlich Tumornekrosfaktor alpha (TNF α) perfundiert, dieses Medikament zerstört zusätzlich das Blutgefäßsystem des Tumors. Da die Extremitäten mehr chemotherapeutische Medikamente vertragen als andere Körperteile oder Organe, kann hier, anders als bei der normalen Chemotherapie, mit hochdosierten Medikamenten gearbeitet werden. Dadurch, dass wir zeitgleich die betroffene Extremität auf 38 bis 40 Grad Celsius übererwärmen (Hyperthermie) wird die Wirkung der Medikamente gesteigert.

Die Dauer des Behandlungszyklus richtet sich nach dem verwendeten Medikament und dessen Dosierung, zum Beispiel 90 Minuten. Ist die „Durchspülung“ abgeschlossen, erfolgt das sorgfältige „Auswaschen“ der Extremität und des extrakorporalen Kreislaufs. Das heißt die betroffene Körperregion wird wieder von der Herz-Lungen-Maschine genommen und mit dem Blutkreislauf des Körpers verbunden. Ist dies beendet, werden die Katheter wieder entfernt, die Gefäße vernäht und die Wunden verschlossen.

Der große Vorteil der ILP ist, dass die Chemotherapie nur im betroffenen Bereich wirkt und somit zielgenau eingesetzt werden kann. Ohne den restlichen Körper zu belasten, greifen die Zytostatika genau dort an, wo sie wuchernde Zellen zerstören sollen.

Das Hauptziel der isolierten Extremitätenperfusion ist es dabei, die Tumormasse zu verringern beziehungsweise das Wachstum zu stoppen und so eine spätere operative Entfernung des Tumors zu ermöglichen. Letztendlich wird dadurch eine drohende Amputation verhindert. Durch eine Verkleinerung der Tumormasse wird die Entfernung des Tumors in einem zweiten Eingriff ermöglicht und somit eine drohende Amputation verhindert. Bei über 70 Prozent aller mit ILP behandelten Patient:innen stirbt der Tumor in Teilen allmählich ab.

Wissenschaftliche Studien belegen, dass es nur in weniger als drei Prozent der Fälle zu schwerwiegenden Komplikationen nach einer ILP kommt. Doch auch wenn es im Vergleich zur herkömmlichen, systemischen (auf den ganzen Körper angewandten) Chemotherapie zu weitaus weniger Komplikationen kommt, kann es dennoch zu systemischen Unverträglichkeiten kommen, die nach dem Eingriff eine intensivmedizinische Überwachung erfordern. Aus diesem Grunde wird jede:r Patient:in, der/die an unserem Klinikum mit einer ILP behandelt wird, für einige Tage auf unserer Intensivstation überwacht.

Da es sich bei diesem Verfahren um einen operativen Eingriff handelt, kann es neben den spezifischen Reaktionen, die durch die ILP selbst bedingt sind, zu allgemeinen operativen Komplikationen kommen. Hierzu zählen Infektionen, Thrombosen, Embolien und zum Beispiel Nachblutungen. In der Literatur wird hierfür eine Häufigkeit von weniger als 0,5 Prozent beschrieben. Abhängig vom verwendeten Chemotherapeutikum kann es zu Nebenwirkungen wie Schüttelfrost, Fieber oder lokale Hautreaktionen kommen.

Wie bereits erwähnt, ist die ILP nicht als kurative Therapie zu betrachten. Sie soll vielmehr in einer zweiten Operation eine vollständige Entfernung des Tumors ermöglichen. Aus diesem Grunde erfolgt in einem Abstand von mehreren Wochen nach der ILP ein Re-Staging, um zu überprüfen, wie der Tumor auf die Therapie anspricht. Anhand weiterer bildgebender Verfahren wie beispielsweise einer MRT-Untersuchung wird dann das weitere Vorgehen geplant. Nicht selten kommt es im Rahmen des zweiten Eingriffes zu einer plastischen Rekonstruktion von Teilen der betroffenen Extremität.

Zusammenfassung

Da es sich bei einer ILP um einen komplexen und mit hohem technischem Aufwand verbundenen operativen Eingriff handelt, sollte dieser nur an speziell dafür ausgewiesenen Zentren erfolgen. Die ILP stellt ein sinnvolles und Extremitäten erhaltendes Verfahren bei lokal fortgeschrittenen und primär nicht resektablen Weichgebwebssarkomen der Extremitäten dar. In etwa 80 Prozent der Fälle kann mit diesem Verfahren eine Amputation der Gliedmaßen vermieden werden.