Der kommunale Gesundheitsverbund varisano Kliniken Frankfurt-Main-Taunus hat fristgerecht bis Ende September beim Land Hessen die Leistungsgruppen für seine Krankenhäuser in Frankfurt Höchst und dem Main-Taunus-Kreis beantragt. Grund ist die bundesweite Krankenhausreform, die eine neue Strukturierung der stationären Versorgung im Zusammenspiel auch mit dem neuen Krankenhausplan des Landes Hessen fordert. Mit der Antragstellung verfolgt der Verbund das Ziel, künftig möglichst viele medizinische Leistungen weiterhin wohnortnah anbieten zu können, auch wenn die Reform Umstrukturierungen im Leistungsangebot erfordert.
Aktuell handelt es sich ausschließlich um eine Beantragung, nicht um eine sofort in allen Facetten einfach umsetzbare Medizinstrategie. Welche Leistungsgruppen den einzelnen Standorten in Frankfurt Höchst, Bad Soden und Hofheim sowie allen weiteren hessischen Krankenhäusern tatsächlich zugewiesen werden, entscheidet allein das Land Hessen. Grundlage ist die vorangehende Prüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen, welcher kontrolliert, ob die strukturellen Voraussetzungen für jede beantragte Leistungsgruppe erfüllt sind. Da auf Bundesebene noch Änderungen der Reform diskutiert werden, hat varisano vorsorglich zur Nutzung von Übergangszeiten zunächst teilweise mehr Leistungsgruppen beantragt, als mittelfristig im Rahmen einer endgültigen Reformfassung tatsächlich an den einzelnen varisano-Standorten vorgesehen sind.
Die wichtigsten Änderungen
Folgt das Land Hessen dem varisano-Antrag, bedeutet dies auch, dass der varisano-Verbund sein bereits Ende 2023 vorgestelltes Medizinkonzept in weiten Teilen umsetzen könnte. Dieses war damals bereits vor dem Hintergrund der geplanten Krankenhausreform des Bundes und in Kongruenz mit der neuen Krankenhausplanung erarbeitet worden. Die wichtigsten Veränderungen wären dann:
Der Schwerpunkt des varisano Krankenhauses Hofheim würde künftig im Einklang mit dem Geriatriekonzept des Landes auf der Geriatrie und der Psychiatrie im Rahmen einer Fachklinikstrategie liegen, ergänzt um ambulante Versorgungsangebote. Um dies zu erreichen, würde die bisher mit einem Bettenkontingent auch in Bad Soden angesiedelte varisano Geriatrie im Main-Taunus-Kreis mittelfristig komplett in Hofheim konzentriert werden. Das bisher noch in Hofheim vorgehaltene Weaningzentrum mit Intensivstation des 2023 etablierten varisano Lungenzentrums würde dem pneumologischen Kerngebiet an das varisano Klinikum Frankfurt Höchst folgen. Dieses ist dort inklusive der Funktionsabteilung des Zentrums – in räumlichem Zusammenhang auch mit der Chirurgie für Lunge und Brustkorb – bereits seit dem Jahr 2024 verortet.
Die Geriatrie am varisano Klinikum Frankfurt-Höchst bliebe dort auch für die Menschen im Frankfurter Westen wohnortnah erhalten, ebenso wie auch die Psychiatrie am Standort Höchst.
Die stationäre urologische Versorgung würde künftig alleinig am Standort Bad Soden konzentriert werden. Bisher ist sie sowohl in Bad Soden als auch am Klinikum Frankfurt-Höchst verortet, steht aber bereits seit vielen Jahren unter einer chefärztlichen Leitung. Am Standort Klinikum Frankfurt Höchst wird dabei die interdisziplinär-urologische Patientenversorgung durch die enge Verzahnung der varisano Urologie mit der Zentralen Notaufnahme und strukturiert geplante ambulante Versorgungszugänge im Verbund weiterhin sichergestellt.
Komplexe viszeralchirurgische, meist onkologisch geprägte Eingriffe, die häufig auch einer qualitätsorientierten Leistungsmengenvorgabe durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) unterliegen, wie etwa Operationen der Bauchspeicheldrüse, Leber und tiefe Rektum- (Enddarm-)eingriffe, übernähme künftig alleinig das Klinikum Frankfurt Höchst unter Einbeziehung auch der hochqualifizierten und zum Teil spezialisierten Ärzte der Klinik in Bad Soden, z. B. im Bereich der Roboter-unterstützten minimal-invasiven Verfahren. Diese konsequente Leistungsverschiebung folgt dabei nicht nur der Reform-Zielrichtung von Bund und Land, sondern trägt auch der zunehmend onkologischen Ausrichtung des Klinikums Frankfurt Höchst als zertifiziertes und im Landeskrankenhausplan ausgewiesenes onkologisches G-BA-Zentrum in enger Zusammenarbeit mit der Universitätsklinik Frankfurt Rechnung. Das gleiche gilt in der Gynäkologie für die Behandlung von Eierstockkrebs (Ovarialkarzinom), während die Versorgung des leider deutlich häufiger vorkommenden Brustkrebses weiter – wohnortnah – an beiden großen varisano-Standorten erfolgen wird.
Die Leistungsgruppen für die Versorgung von Bauchaortenaneurysmen (Aussackungen der großen Baucharterie) und für komplexe Operationen an den peripheren arteriellen Gefäßen, also Arterien der Arme, Beine oder auch im Beckenbereich, werden im Klinikum Frankfurt Höchst zusammengefasst.
Die elektive orthopädische Versorgung, wie zum Beispiel der Gelenkersatz von Knie und Hüfte, würde indes perspektivisch an das Krankenhaus Bad Soden verlagert. Am Klinikum Frankfurt Höchst würde der stärker unfallchirurgische Schwerpunkt liegen, wenngleich unfallchirurgische wie auch chirurgische Notfälle weiterhin auch in der Notaufnahme Bad Soden behandelt werden.
Ansonsten blieben die Versorgungsschwerpunkte wie gewohnt erhalten. Auch Geburten werden an zwei varisano-Standorten weiter begleitet – in Bad Soden in der Geburtsklinik und in Höchst im Perinatalzentrum Level 1 – ebenso werden die Kardiologien an beiden Standorten fortgeführt – auch zur Gewährleistung einer guten und fristgerechten Notfallversorgung im Zusammenspiel mit den engagierten Rettungsdiensten der Region.
„Die Krankenhausreform wird unser Gesundheitssystem in den kommenden Jahren deutlich – und auch wahrnehmbar für alle – verändern. Uns ist bewusst, dass dies Fragen und auch Sorgen bei den Menschen in der Region – und auch unseren Mitarbeitenden – auslösen wird. Mit unserer zielgerichteten, proaktiven und auf eine stärkere Spezialisierung unserer Klinikstandorte ausgerichteten Antragstellung setzen wir uns dafür ein, die medizinische Versorgung auch in Zukunft umfassend und qualitätsgesichert in kommunaler Trägerschaft anzubieten. Dabei setzen wir in zahlreichen Leistungsgruppen aber auch auf eine intensivierte Kooperation mit der Universitätsklinik in Frankfurt – und somit auf eine Kooperation zwischen den zwei größten Anbietern in der Region. Die endgültige Entscheidung über die Zuweisung der verschiedenen Leistungen in ihren Gruppen liegt nun beim Land Hessen, das die Versorgungssicherheit und -qualität stets im Blick hat“, so varisano-Geschäftsführer Dr. med. Patrick Frey.
Ob eine beantragte Leistungsgruppe tatsächlich zugewiesen werden wird, entscheidet das Land Hessen anhand bundeseinheitlicher und auch landesspezifischer Vorgaben und Auswahlkriterien. Vornehmlich daran, aber auch an anderen patientenorientierten Kriterien, hatte sich varisano bei der Beantragung orientiert. Maßgeblich waren dabei
u. a.:
• Qualitäts- und Strukturvorgaben wie fachärztliche Besetzung, Menge und Qualifikation von Pflegepersonal, apparative Ausstattung sowie der Nachweis bestimmter Vor- und Nachbehandlungskapazitäten
• Versorgungssicherheit: Geographische Erreichbarkeit und regionaler Bedarf werden berücksichtigt. Wo eine Abdeckung sonst nicht gewährleistet wäre, sind Ausnahmen möglich.
• Mindestmengen: Viele Leistungsgruppen erfordern eine bestimmte Anzahl von Behandlungsfällen, um Routine und Qualität im Sinne der Patientinnen und Patienten sicherzustellen.
• OPS-Strukturmerkmale: Erfüllung spezieller Anforderungen, die über die Operations- und Prozedurenschlüssel (OPS) definiert sind.
In Hessen übernimmt der Medizinische Dienst später die Begutachtung, ob die geforderten Kriterien erfüllt werden.
Hintergrund
Die Krankenhausreform der Bundesregierung sieht eine bundesweit einheitliche Strukturierung der stationären Versorgung nach sogenannten Leistungsgruppen vor. Ziel ist es, die Qualität der medizinischen Versorgung zu sichern und Ressourcen effizienter einzusetzen. Für die Bevölkerung bedeutet dies, dass bestimmte Leistungen künftig konzentriert angeboten werden.
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FAQ zur Krankenhausreform und den beantragten Leistungsgruppen
Was sind Leistungsgruppen?
Leistungsgruppen sind medizinische Fach- und Behandlungsbereiche, die im Rahmen der Krankenhausreform bundeseinheitlich definiert werden. Auf deren Basis wird vom Land festgelegt, welche Klinik bestimmte Leistungen anbieten darf – z. B. Geburtshilfe, interventionelle Kardiologie oder bestimmte Operationen.
Warum beantragen die Kliniken Frankfurt-Main-Taunus Leistungsgruppen?
Alle Krankenhäuser in Hessen waren verpflichtet, bis Ende September ihre gewünschten Leistungsgruppen beim Land Hessen zu melden. Erst durch die Zuweisung erhalten Kliniken das Recht, bestimmte Leistungen künftig überhaupt zu erbringen.
Heißt das, dass diese Leistungen an den varisano-Standorten gesichert sind?
Nein. Die jetzige Meldung ist ein Antrag. Ob eine beantragte Leistungsgruppe tatsächlich zugeteilt wird, entscheidet allein das Land Hessen.
Warum beantragen die Kliniken mehr Leistungsgruppen, als wahrscheinlich zugeteilt werden?
Da auf Bundesebene die Krankenhausreform (Krankenhaus-Versorgungs-Verbesserungs-Gesetz [KHVVG]) voraussichtlich noch einmal in Teilen durch das Krankenhaus-Versorgungs-Anpassungsgesetz (KHAG) verändert werden wird, ist aktuell nicht absehbar, welche Leistungsgruppen mit welchen Strukturvoraussetzungen am Ende tatsächlich bestehen bleiben. Es ist davon auszugehen, dass das aktuelle Spektrum noch einmal reduziert wird. Um auf alle Szenarien vorbereitet zu sein, haben die Kliniken vorsorglich ein breiteres Spektrum beantragt.
Welche Auswirkungen hat die Krankenhausreform für Patientinnen und Patienten?
Ziel der Reform ist es, die Qualität der medizinischen Versorgung trotz der in der Gesundheitsversorgung besonders relevanten „doppelten Demografie“ dauerhaft zu sichern, indem Leistungen stärker konzentriert werden. Das bedeutet: Manche Behandlungen werden künftig nur noch an ausgewählten Standorten möglich sein, dafür aber in hoher Expertise und mit entsprechender Qualität.
Müssen Patientinnen und Patienten künftig längere Wege in Kauf nehmen?
In einigen Fällen wird es dazu kommen, dass bestimmte Behandlungen nicht mehr im nächstgelegenen Krankenhaus angeboten werden. Das Land Hessen berücksichtigt bei seiner Entscheidung jedoch auch die Versorgungssicherheit in der Region.
Was bedeutet die Reform für die Mitarbeitenden der Kliniken?
Die Krankenhausreform verändert Strukturen, und das sorgt verständlicherweise für Fragen und auch Unsicherheit. Klar ist: Die varisano Kliniken Frankfurt-Main-Taunus setzen alles daran, eine verlässliche Perspektive sowohl für Patientinnen und Patienten als auch für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schaffen. Veränderungen werden frühzeitig transparent kommuniziert.
Presseanfragen
Kristin Seitz
Konzernbereichsleiterin Unternehmenskommunikation und Marketing I Kliniken Frankfurt-Main-Taunus
Telefon: 069 3106-3856
E-Mail: kristin.seitz@varisano.de